Stories
26.06.2025
6251

Mit Präzision und Pioniergeist: wie Reto Maeder die Flachfolienextrusion automatisiert

Technologie
Flachfolie
Das Anfahren oder der Produktwechsel bei einer Flachfolien-Extrusionsanlage war lange Zeit „eine Wissenschaft für sich“. Nur mit viel Erfahrung und geschulten Handgriffen gelang die perfekte Einstellung der Düse für eine optimal profilierte Folie. Reto Maeder verfügt über diese Erfahrung und hat sie in die Entwicklung einer am Markt einzigartigen Automatisierungslösung einfließen lassen. Mit ihr gelingt die perfekte Einstellung der Düse auf Knopfdruck - ein entscheidender Vorteil in Zeiten des weltweit zunehmenden Fachkräftemangels.

Bis heute sind bereits über 160 Anlagen weltweit mit dem patentierten System ausgerüstet. Seit 2022 ist die Technologie unter dem Namen PAM (präzise, autonom, mechatronisch) Teil des Reifenhäuser Portfolios. Wir haben mit Reto Maeder über die Entwicklungsgeschichte dahinter und die Partnerschaft mit Reifenhäuser gesprochen.

Herr Maeder, was war der Anstoß hinter Ihrer Entwicklung?

Reto Maeder: Anwender von Breitschlitzdüsen sind häufig abhängig von erfahrenen Maschinenführern, die die Anlage perfekt beherrschen. Gerade im Mehrschichtbetrieb ist es enorm schwierig geworden, dafür ausreichend qualifizierte Mitarbeiter zu finden, die auch bereit sind nachts und an Wochenenden zu arbeiten. Der Fachkräftemangel ist nicht nur ein europäisches Problem, sondern nimmt weltweit zu. Der Bedarf an Automatisierung war und ist in diesem Bereich also hoch. Der große Anteil an noch manuell betriebenen Anlagen lag aus unserer Sicht vor allem an den technisch nicht zufriedenstellenden Lösungen am Markt. Die etablierten Systeme basieren in der Regel auf Wärmedehnbolzen, die zum einem träge und teilweise unpräzise arbeiten, und gleichzeitig einen hohen zusätzlichen Energieverbrauch mit sich bringen, da je nach Düse die einzelnen Bolzen dauerhaft Strom benötigen. Im Einsatz von präziser und effizienter Mechatronik sahen wir daher hohes Potenzial, eine bessere Lösung zu entwickeln.

Wie sahen die ersten Schritte in der Entwicklung aus?

RM: Wir waren bereits seit der Gründung unseres Unternehmens durch meinen Vater 1983 im Bereich Flachfolien- und Plattenextrusionsanlagen tätig, wo wir verschiedene Komponenten, wie zum Beispiel Mehrfachbahnen-Großrollenwickler entwickelt haben. In Sachen mechatronischer Düsen-Automatisierung haben wir dann 2009 quasi auf der grünen Wiese angefangen, da es bis dato keine vergleichbaren Systeme gab. Den ersten maku-DieTool® Prototypen haben wir 2010 auf der Kunststoffmesse K in Düsseldorf präsentiert und konnten sofort reges Interesse wecken. 2011 folgten dann die ersten Bestellungen und Auslieferungen an unsere Kunden. Das System verfügte damals zunächst nur über eine Düsenlippen-Verstellung. 2016 haben wir zusätzlich die Staubalken-Einstellung integriert. Seit 2020 bieten wir eine vollautomatische interne und externe Deckling-Verstellung. Das System ist dabei modular aufgebaut. Im vollausgestatteten Zustand verfügt es über insgesamt 10 Servoachsen. 2022 erfolgte dann die Partnerschaft mit Reifenhäuser und die internationale Vermarktung als PAM-Automatisierungsoption, was uns nochmal einen neuen Schub und mehr Sichtbarkeit im Markt verliehen hat.

Vom Entwicklungsbeginn bis zur ersten Auslieferung in noch nicht mal 3 Jahren – das klingt sehr schnell. Funktionierte denn alles auf Anhieb reibungslos?

RM: Das Konzept hat prinzipiell gut funktioniert und wir konnten vor allem unsere Kunden von den Mehrwerten schnell überzeugen. Wie so oft, sind es jedoch die Details, die viel Zeit und Erprobungsarbeit kosten. Unsere Kunden haben aber an den technologischen Ansatz geglaubt und sind den Weg mit uns gemeinsam gegangen. Die Hardware ist dabei vergleichsweise einfach und robust ausgelegt. Wir fahren jede Einstellschraube einzelnen mit einem mechatronischen Schrauber an, der die Justierung vornimmt. Die meiste Entwicklungsarbeit ist in die Steuerung des Systems bzw. die zugrundeliegende Software geflossen. Hier stecken über 15 Jahre Erfahrung aus über 160 Kundenprojekten drin. Auf Wunsch implementieren wir PAM in Kombination mit einem Dickenmesssystem und bieten einen vollständigen Regelkreis. Auf die genauen Details der Steuerung kann ich nicht näher eingehen, aber glauben Sie mir, das zugrundeliegende Know-how ist essenziell.

Reto Maeder, Geschäftsführer maku AG

Wie aus dem maku-DieTool® die Reifenhäuser PAM Automatisierungslösung wurde

Der Schweizer Ingenieur Reto Maeder startete 2009 gemeinsam mit seinem Vater Robert Maeder im 1983 gegründeten Familienbetrieb – der maku AG – die Entwicklung einer vollkommen neuen Automatisierungslösung für Breitschlitzdüsen. Anstatt der bisher üblichen manuellen Verstellung oder der automatischen Regelung mittels Wärmedehnbolzen entwickelten sie das erste System mit elektrischen Aktuatoren am Markt. Das sogenannte maku-DieTool® regelt Düsenlippe und/oder Staubalken, das interne und externe Deckling sowie die Unterlippe. Im Vergleich zu bisherigen Lösungen arbeitet das System hochpräzise, schnell und deutlich energieeffizienter, da die Aktuatoren jeweils nur kurz während der Justierung und nicht permanent mit Strom versorgt werden müssen. Seit 2022 wird die Technologie für Reifenhäuser Düsen im Rahmen einer strategischen Partnerschaft als Teil des Reifenhäuser Portfolios unter dem Namen PAM (präzise, autonom, mechatronisch) vermarktet, betreut und weiterentwickelt. Die maku AG vertreibt die Lösung zudem weiterhin auch direkt als maku-DieTool® in Verkaufsgebieten, die nicht von Reifenhäuser bedient werden.

PAM Automation 

Die PAM-Automatisierungsoption (präzise, autonom, mechatronisch) für Flachdüsen und Coextrusionsadapter von Reifenhäuser erleichtert dem Maschinenbediener die Arbeit, steigert die Produktivität und ermöglicht die einfache Produktion von höchster Folienqualität. Mechatronische Aktuatoren verstellen den Feedblock und die Düse automatisch über das Bedienfeld der Anlage. Das macht Produzenten unabhängiger von hochqualifizierten Fachkräften. Einmal abgespeicherte Rezepturen können auch von weniger erfahrenen Anlagenbedienern auf Knopfdruck reproduziert werden.

Und der mechatronische Ansatz ist immer noch einzigartig im Markt?

RM: In dieser Form ja. Mittlerweile gibt es erste Mittbewerber, die versuchen, eine Lippenverstellung in ähnlicher Weise umzusetzen. Beim Staubalken, Deckling und Coex-Adapter ist PAM nach wie vor die einzige mechatronische Automatisierung. Und in Sachen Reifegrad und Felderfahrung haben wir einen sehr komfortablen Vorsprung. Das spiegeln uns auch unsere Kunden, die das System einsetzen. Zudem schützen wir unser Know-how natürlich mit entsprechenden Patenten.


Mit welchem Mehrwert punktet PAM bei Anwendern am stärksten?

RM: Das hängt vom Markt ab. Momentan ist das Thema Fachkräftemangel und Lohnkosten einer der Haupttreiber für mehr Automatisierung in der Kunststoffproduktion – über alle Regionen hinweg. Damit einher geht auch das Thema Arbeitssicherheit. Beim Einsatz von PAM müssen keine Einstellungen an heißen Metallelementen an Düse oder Feedblock mehr vorgenommen werden. Verbrennungen oder sonstige Verletzungen durch Arbeiten an der laufenden Anlage sind somit ausgeschlossen. So erfüllen Produzenten problemlos die gesetzlichen Arbeitssicherheitsanforderungen in hochtechnisierten Märkten, wie Nordamerika oder Europa, und schützen ihre Mitarbeiter bestmöglich.


Und was ist mit den Kosten?

RM: Die Profitabilität ist am Ende natürlich entscheidend. Neben den Personalkosten reduziert PAM deutlich die Betriebskosten. Mithilfe unseres ROI-Rechners (Return on Invest) können wir exakt aufzeigen, wie schnell sich die Investition amortisiert. Je nach Anwendung, Durchsatz und Material etc. sprechen wir hier schnell über mehr als 100.000 Euro pro Jahr Kosteneinsparung, die wir durch die Reduktion von Anfahrrollen, Ausschuss, Energieverbrauch sowie einer höheren Auslastung der Anlage erzielen. Auch hier hilft uns unsere Erfahrung vorab die Einsparpotenziale sehr präzise zu berechnen, sodass die Kundenerwartung nach dem Kauf erfüllt wird.


Welche Vorteile bietet Ihnen die Partnerschaft mit Reifenhäuser?

RM: Zum einen erhalten wir Zugang zu einem weltweit etablierten Vertriebs- und Service-Netz. Zum anderen ergänzen sich unsere Technologien ideal. PAM kann als Automatisierungsoption für Reifenhäuser Düsen der Cast Sheet Coating Anlangen bestellt oder als Komponente – sowohl für Reifenhäuser Düsen als auch für Fremddüsen – über Reifenhäuser Extrusion Systems bezogen werden. Auch bestehende Anlagen, von denen Reifenhäuser Tausende betreut, können mit PAM problemlos nachgerüstet werden. Andersherum profitieren alle Kunden, die bereits ein maku-DieTool® einsetzen, vom global breit aufgestellten Reifenhäuser Service. 


Stehen Sie für die PAM-Kunden denn weiterhin zur Verfügung?

RM: Selbstverständlich! Auch wenn die Reifenhäuser Kollegen mittlerweile viele Vetriebs- und Service-Projekte weltweit betreuen, so stehe ich jederzeit für alle Fragestellungen zur Verfügung. Das ist auch ein wesentlicher Bestandteil unserer Partnerschaft. Zudem fokussiere ich mich mit Reifenhäuser auf die technische Weiterentwicklung. In der Kunststoffindustrie ist in Sachen Automatisierung der Bedarf aktuell größer denn je. Dieses Potenzial werden wir gemeinsam heben!


Herzlichen Dank für das Gespräch!

PAM im Einsatz

Möchten Sie mehr PAM erfahren? Dann nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.

Thomas Kreft
Thomas Kreft
Reifenhäuser Extrusion Systems
T
+49 2241 481 9316

Mehr Stories für Sie

Wie Merba Plastik in der Verpackungsbranche durchstartet Wie Merba Plastik in der Verpackungsbranche durchstartet
Stories
Wie Merba Plastik in der Verpackungsbranche durchstartet
Bogucki Folie setzt auf PAM-Düsen- und Feedblock-Automatisierung Bogucki Folie setzt auf PAM-Düsen- und Feedblock-Automatisierung
Stories
Bogucki Folie setzt auf PAM-Düsen- und Feedblock-Automatisierung
Wann der Coextrusionsadapter Flex die richtige Wahl ist Wann der Coextrusionsadapter Flex die richtige Wahl ist
Stories
Wann der Coextrusionsadapter Flex die richtige Wahl ist